Das Saugbedürfnis der Kälber ist groß. Beobachtungen in der Mutterkuhhaltung zeigen, dass Kälber 6-8-mal am Tag an der Kuh saufen und das für jeweils ca. 10 Minuten. Macht unter dem Strich eine Gesamttrinkdauer von 60-80 Minuten am Tag. Eine rationierte Tränke von 6-8 Litern am Tag, aufgeteilt auf 2 Mahlzeiten, wie sie in vielen Betrieben nach wie vor praktiziert wird, erreicht dieses Ziel nicht annähernd. Der Eimer ist jeweils ruckzuck leer und ein Großteil des Sauginstinktes bleibt dabei auf der Strecke.
Wenige, relativ große Milchmahlzeiten führen auch zu massiven Achterbahnfahrten des pH-Wertes im Labmagen. Die ad libitum-Tränke im Rahmen der metabolischen Programmierung kommt über eine deutlich höhere Tränkemenge von 10 bis 14 Litern am Tag der gewünschten Zielsetzung schon etwas näher. Nichtsdestotrotz muss immer auch der Nuckel in die Betrachtung einbezogen werden.
Sauger mit zu großen Öffnungen ermöglichen dem Landwirt zwar ein zügiges Tränken und sind für das Anlernen der Kälber besser geeignet, sind aber wenig mit den physiologischen Bedürfnissen der Kälber in Einklang zu bringen. Es gilt zu beachten, dass es für diesen Fall eigene Starternuckel gibt.
So spricht nichts dagegen, wenn ein Kalb für die Aufnahme von 1 Liter Tränke auch mal 4-5 Minuten braucht, was manchem Rinderhalter wie eine halbe Ewigkeit vorkommt. Damit sind wir bei einer Trinkgeschwindigkeit von ca. 200-250 ml pro Minute. Wichtig ist es zudem zu beobachten, ob der Saugreflex der Kälber durch den Nuckel optimal stimuliert wird. Kälber produzieren im Maul Enzyme, die für die Verdauung der Milch wichtig sind. Eine angemessene Sauggeschwindigkeit unterstützt diese Produktion. Anzuraten sind deshalb schwergängige und vor allem kurze Nuckel, die die Trinkgeschwindigkeit drosseln sollen. Meist verfügen diese Nuckel über kein Rückschlagventil, was zur Folge hat, dass die Kälber zur Tränkeaufnahme aktiv saugen müssen. Drückt das Kalb nur auf den Nuckel, so fließt die Milch wieder zurück in den Eimer.
Am Kuheuter herrschen die gleichen Gesetzmäßigkeiten vor. Ohne kraftvolles aktives Saugen gibt es keine Milch.
Diese Art der Tränkeaufnahme stellt für die Tiere einen regelrechten Kraftakt dar, der die Kaumuskulatur stärkt und in ganz entscheidender Weise die Speichelproduktion ankurbelt. Der reichlich produzierte Speichel beinhaltet ein keimhemmendes Enzym, das das Immunsystem des Tieres stabilisiert und fördert. Weitere Enzyme erleichtern die Fett- und die Laktoseverdauung. Zudem dient der Speichel durch seinen hohen pH-Wert dem Labmagen als wichtiger Puffer. Kälber, die länger trinken und deren Kaumuskulatur damit schneller ermüdet, zeigen deutlich weniger die unschöne Verhaltensanomalie des gegenseitigen Besaugens. Ob der Saugreflex gut genug stimuliert ist, erkennt man an der Menge Speichel, die unter dem Nuckel zu beobachten ist. Ideal wäre es, wenn zwei Fäuste Speichel zu sehen sind. Für eine tiergerechte Tränke, die idealerweise aus vielen kleinen Portionen am Tag besteht, lohnt sich also mehr denn je ein Blick auf den „Goldstandard“ Natur.