Nach der Leistungsermittlung der Zweinutzungsherkünfte Lohmann Dual und der Walesby Specials steht hier die Wirtschaftlichkeit der Geflügelfleisch- und Eiererzeugung mit Dual Purpose Breeds (DPB) im Vergleich zu den spezialisierten Einnutzungshybriden im Mittelpunkt.
Folgendes Szenario wurde unterstellt: Die Mast der Zweinutzungsküken erfolgt in spezialisierten Aufzuchtbetrieben unter Mastkonditionen d.h. Langtag (18 Std. Licht) mit Broilermastfutter (konventionelles Phasenfutterprogramm für Masthähnchen - Starter, Aufzuchtfutter und Finisher), Zielgewicht 2,0 kg. Nachdem es sich um ein Premiumprodukt handelt wird die Besatzdichte auf 12,5 Tiere/m², das entspricht 25 kg/m² begrenzt (siehe Label-Konditionen Tierschutzbund oder Vier Pfoten).
Kennzahlen Annahmen | Ross 308/Cobb 500 (LWK Hannover 2013) | LD | WS |
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Besatzdichte (kg/m²) | 39,0 | 25,0 | 25,0 |
Zielgewicht (g) | 2.310 | 2.000 | 2.000 |
Futterverwertung (kg Futter/kg Fleischansatz) | 1,64 | 2,21 | 2,75 |
Tageszunahmen (g) | 61,1 | 37,7 | 28,9 |
Mastdauer (Tage) | 37,8 | 53,1 | 69,2 |
Durchgänge/Jahr | 7,4 | 5,7 | 4,6 |
Brutto Kükenpreis (ct.) | 37 | 37 | 37 |
Brutto Futterpreis (€/dt) | 39,6 | 39,6 | 39,6 |
Output/Stall (t) Basis: 2.222 m² 40.000er Standardstall | 624 | 317 | 256 |
Kostenfaktor | Standardbroiler ♂ + ♀ | LD ♂ | WS ♂ |
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Futter | 65,2 | 87,5 | 108,9 |
Küken | 16,0 | 18,5 | 18,5 |
sonstige variable Kosten | 8,0 | 11,0 | 12,0 |
Festkosten | 8,0 | 16,0 | 19,2 |
Arbeit | 3,0 | 5,0 | 6,0 |
Σ Kosten | 100,2 | 138,0 | 164,6 |
relative Mehrkosten zu Standard (%) | 0,0 | + 38,0 | + 64,0 |
Notwendiger Preis/kg Lebendgewicht | 104,2 | 145,9 | 174,4 |
bei gleichem Gewinn/Anlage und Jahr (€) | 24.960 | 24.960 | 24.960 |
Zur Kalkulation der Kosten der Zweinutzungshähnchen wurden identische Futterkosten und Kükenkosten wie in der Intensivmast des Jahres 2013 unterstellt. Bei den Kosten für die Eintagesküken gilt zu berücksichtigen, dass bei der verlängerten Mast der Dual Purpose Breeds eine Marekimpfung notwendig wird und die Küken Kloaken gesext werden müssen. Ein evtuell günstigerer Abgabepreise der männlichen Zweinutzungsküken durch die Brüterei wird dadurch aufgehoben. Durch die schlechtere Futterverwertung und die längere Mastdauer der Dual Purpose Breeds im Vergleich zur Standard Broilermast (siehe Tabelle 1) erhöhen sich die variablen Kosten, die Festkosten für die Unterbringung der Tiere und der Betreuungsaufwand. Nach den vorliegenden Daten bedeutet dies eine Kostensteigerung der Hähnchenmast mit Lohmann Dual Hähnen von 38 % und der Walesby Specials um 64 % im Vergleich zur Standard Broilermast mit Ross 308 bzw. Cobb 500 Hähnen und Hennen. Diese Mehrkosten müssen durch einen entsprechend höheren Auszahlungspreis kompensiert werden. Nachdem mit einer Hähnchenmastanlage nicht nur die Produktionskosten gedeckt, sondern Gewinne generiert werden sollten, ist neben dem Auszahlungspreis je Kilogramm Lebendgewicht (LG) auch der Ausstoß an kg LG/m² Stallnutzfläche d.h. die Besatzdichte und der tägliche Zuwachs von entscheidender Bedeutung für die Rentabilität der Hähnchenmast. Unterstellt man nach Abzug aller Kosten einen Gewinn von 4 ct./kg LG in der Standardmast (ca. 10 jähriger Durchschnitt) so ergibt dies bei 624 t Lebendmasse Produktion in einem 40.000er Stall einen Gewinn von 24.960 €/Stall. Dieser Unternehmensgewinn ist bei dem geringen Output von 317 t (LD) bzw. 256 t (WS) bei der Aufzucht von Zweinutzungshähnen und selber Stallnutzfläche, nur durch weitere Erhöhung der Auszahlungspreise um 7,9 ct./kg (LD) bzw. 9,8 ct./kg (WS) zu realisieren. Die von der Schlachterei zu bezahlenden Aufpreise erhöhen sich somit auf + 40 % (LD) bzw. sogar 67 % (WS) für die langsam wachsenden Zweinutzungshähne (Tabelle 2).
Für den Endkunden dürften sich diese Preisdifferenzen zwischen Standard Broilerfleisch und Zweinutzungshähne nochmals erhöhen, da die Hähne der hier getesteten Dual Purpose Breeds bei einem Zielgewicht von 2 kg eine Ausschlachtung von 68 % aufwiesen und damit 2 - 4 % unter dem Vergleichswert von Ross 308 oder Cobb 500 Broilern liegen. Bei einer Zerlegung und Vermarktung von Teilstücken verschlechtert sich die Konkurrenzfähigkeit der Zweinutzungstiere durch den signifikant geringeren Brustmuskelanteil.
Bei der Kalkulation der Kosten der Eiererzeugung wurden als Vergleichswerte die Durchschnittlichen Leistungen von 3 Braunlegerhybriden (Lohmann Brown, Novogen Brown und Bovans Brown) der 10. Legeleistungsprüfung (Geflügeljahrbuch 2015) in Kitzingen und Haus Düsse verwendet. Sowohl die in diesem Vergleich geprüften Hybriden als auch die Zweinutzungshennen waren nicht Schnabel behandelt.
Kennzahlen | LD | WS | Ø Braunleger |
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Vermarktungsfähige Eier/Anfangshenne (365 Produktionstage) | 249 | 265 | 288 |
Futterverbrauch (kg/Tier und Jahr) | 42,8 | 37,5 | 43,8 |
Eigewicht (g) | 59,1 | 55,4 | 64,0 |
Futterverwertung (kg Futter/kg Eimasse) | 2,598 | 2,461 | 2,185 |
Suppenhenne (kg) | 2,3 | 1,9 | 1,9 |
Verluste (%) | 12,8 | 6,4 | 7,1 |
Die Lohmann Dual legte mit 249 vermarktungsfähigen Eiern je Anfangshenne 39 Eier weniger als der Durchschnitt der Braunlegerhybriden, die Walesby Specials lagen 23 Eier unter dem Vergleichsdurchschnitt. Probleme bereiten, neben der geringen Eizahl, die geringen Eigewichte und die daraus resultierenden hohen Anteile schwer vermarktungsfähiger Eier der Gewichtsklasse S (LD: 13,1 %; WS: 33,6 %) (Tabelle 4). Um bei den Zweinutzungskreuzungen, die Hennen mit einer ad libitum Fütterung aufziehen zu können, verwenden die Zuchtunternehmen das Zwerggen (dwarf gene). Durch dieses Geschlechtsgebundene Einzelgen kann man, bei richtiger Anpaarung, normalwüchsige Hähne und Zwerghennen produzieren. Leider reduziert das "dwarf gene" nicht nur den Appetit und das Wachstum der Tiere sondern auch das Eigewicht.
Eine erste ökonomische Einschätzung der Eiererzeugung verschiedener Hybriden erlaubt der Futterkostenüberschuss (IOFC) (Tabelle 4). Dabei wird vom Erlös der Eimasse (hier 1 €/kg) die Futterkosten (hier 30 ct./kg) abgezogen. Der Unterschied zwischen den Zweinutzungshybriden LD und WS zu den Braunlegerhybriden betrug 2,45 € bzw. 2,01 € je Anfangshenne und Jahr.
Mit diesem Ansatz wird man aber den unterschiedlichen Preisen verschiedener Eigewichtsklassen nicht gerecht. Eier von Zweinutzungshühnern sollen in Zukunft nicht per kg in die Eiproduktenwerke abgegeben, sondern als Premium Schalenei an tierfreundliche Endverbraucher vermarktet werden.
Unter Berücksichtigung der Verteilung der vermarktungsfähigen Eier (Eier der Güteklasse A) auf die Gewichtsklassen und Annahme einer Preisnotierung von 16 ct./XL Ei, 14 ct./L Ei, 12 ct./M Ei und 6 ct./S-Ei, errechnet sich ein Eierlös von 25,66 € für die LD, 23,66 € für die WS und 32,64 € für die Braunlegerhybriden. Dazu kommt der Erlös für die Schlachthennen nach der Legeperiode. Die kompakten Zweinutzungshennen verfügen über einen recht ordentlichen Brustmuskel (Abbildung 2). Die LD ist mit einem Ausstallungsgewicht von ca. 2,3 kg eine gut bezahlte Suppenhenne (38 ct./kg nach der Notierung von Schlachthennen in der 49. KW 2014) die WS dagegen erreicht nach einem Legejahr mit 1,9 kg dasselbe Suppenhennengewicht wie die Braunlegerhybriden (Notierung für Schlachtehennen bis 1,9 kg: 28 ct./kg).
Tabelle 6 zeigt nicht nur die Unterschiede im durchschnittlichen Schlachthennengewicht, sondern auch die bessere Homogenität der Schlachtkörper der LD im Vergleich zu den WS.
Merkmal | LD | WS | Braunleger |
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S-Anteil % (Stück/Anfangshenne) | 13,05 (34) | 33,6 (91) | 3,0 (9) |
M-Anteil % (Stück/Anfangshenne) | 48,9 (127) | 51,7 (140) | 35,1 (101) |
L-Anteil % (Stück/Anfangshenne) | 30,2 (79) | 11,5 (31) | 56,1 (162) |
XL-Anteil % (Stück/Anfangshenne) | 3,5 (9) | 1,03 (3) | 5,8 (16) |
Stück/vermarktungsfähige Eier je Anfangshenne in 364 Produktionstagen | 249 | 265 | 288 |
Eiererlös (€/Anfangshenne und Jahr) XL : 16 ct.; L : 12 ct.; M : 10 ct.; S : 6 ct. | 25,66 | 23,66 | 32,64 |
Ø Eierpreis | 10,3 ct. | 8,9 ct. | 11,3 ct. |
IOFC (EM (kg) *1,0 €- FV (kg)* 0,3€) | 3,65 € | 4,01 € | 6,10 € |
Kennzahl | LD | WS | Braunleger |
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Erlös Eierverkauf (€) | 25,66 | 23,66 | 32,64 |
Erlös Suppenhenne (€) | 0,81 | 0,53 | 0,53 |
Gesamterlös | 26,47 | 24,19 | 33,17 |
Kosten | 5,00 | 5,00 | 5,00 |
Tier | 11,56 | 10,13 | 11,83 |
Futter (27 €/dt) | 2,00 | 2,00 | 2,00 |
Sonstige Direkte Kosten | 6,10 | 6,10 | 6,10 |
Festkosten/Hennenplatz | 2,50 | 2,50 | 2,50 |
Arbeit (10 min/T a 15,00 €/AKh) | 27,16 | 25,73 | 27,43 |
Gesamtkosten (€/Tier) ct./verm. Ei/AH | 10,9 | 9,7 | 9,5 |
Gewinn €/AH und Jahr | - 0,69 | - 1,54 | + 5,74 |
Merkmal | n | Lebendgewicht (g) | Schlachtgewicht (g) | Ausschlachtung (%) |
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Lohmann Dual | ||||
Mittelwert | 32 | 2295 g | 1558 g | 67,9 |
Standardabweichung | 32 | 171 g | 153 g | 3,5 |
Walesby | ||||
Mittelwert | 32 | 1905 g | 1245 g | 65,4 |
Standardabweichung | 32 | 170 g | 131 g | 2,7 |
Die Mindererlöse der Zweinutzungshennen aus dem Eier- und Suppenhennenverkauf beläuft sich somit auf - 6,43 €/Anfangshenne und Jahr für die Lohmann Dual und sogar - 7,28 €/Anfangshenne und Jahr für die Walesby Specials. Im „Best Case Szenario“ sind wir davon ausgegangen, dass die 40 Mio. Zweinutzungshähne alle kostendeckend d.h. mit einem Aufpreis von 40 – 70 % im Vergleich zum Standardbroilerfleisch als Premium „Bruderhähne“ an den Endkunden verkauft werden könnten. Der notwendige Mehrerlös für die Zweinutzungseier würde dann 2,6 - 2,7 ct./Ei betragen. Im „Worst Case Szenario“ wären die Zweinutzungshähne wegen mangelhafter Konformation und geringer Brustbemuskelung nicht im Humanbereich als Premiumprodukt absetzbar und müssten mit entsprechenden Preisabschlägen (Schlachthennenpreis) zu Tiernahrung weiter verarbeitet werden. Die Differenz zwischen Aufzuchtkosten und Schlachterlös in unserer Kalkulation von 2,42 €/Hahn bei den LD bzw. 2,98 €/Hahn für die WS, müsste dann über den Eierlös kofinanziert werden. Dadurch erhöht sich der Eierpreis bei den Zweinutzungshennen um weitere 1,0 ct/Ei LD bzw. 1,2 ct./Ei WS auf nunmehr + 3,6 ct./Ei und + 3,9 ct./Ei im Vergleich zu den Produktionskosten der Eier von Braunlegerhybriden.
Best Case Szenario | LBD | WS |
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Mindererlös/Henne und Jahr | 6,70 € | 8,98 € |
Kostendifferenz Eiererzeugung | - 0,27 € | - 1,70 € |
Insgesamt Eier + Suppenhenne | + 6,43 € | + 7,28 € |
Je vermarktungsfähiges Ei | + 2,6ct. | + 2,7 ct. |
Worst Case Szenario | LBD | WS |
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Erlös/Hahn (25 ct./kg) | + 0,50 € | + 0,50 € |
Kosten je 2 kg Hahn | - 2,92 € | - 3,48 € |
∑ Mehrkosten Zweinutzung ♂ + ♀ | + 8,85 € | + 10,26 € |
abgedeckt über Eiererlös | + 3,6 ct./Ei | + 3,9 ct./Ei |
alle 40 Mio. Hähne können als Premiumhahn mit Mehrpreis kostendeckend abgesetzt werden
alle Hähne gehen nach der Aufzucht zum Suppenhuhnpreis in die Verarbeitung zu Pet Food
Einschränkend muss gesagt werden, dass die in der vorliegenden Studie kalkulierten Mehrkosten nur für die aktuell geprüften Zweinutzungstypen, unter konventionellen Bodenhaltungsbedingen, mit den angenommene Futterkosten und Eierpreisen gelten.
Möglicherweise lässt sich in Zukunft mit anderen Zweinutzungsgenotypen ein besseres ökonomisches Ergebnis erzielen. Interessant wird auch der Vergleich verschiedener Dual Pupose Breeds unter Ökokonditionen, der derzeit an der HS Weihenstephan durchgeführt wird.
Die zusätzlichen Kosten beliefen sich je nach Nutzung der Zweinutzungshähne auf 270 - 380 Mio. € jährlich, die vom Endverbraucher z.B. über den Eierpreis getragen werden müssten. Für Tierschützer ist der ökonomische Ansatz allerdings in einem reichen Land wie der Bundesrepublik Deutschland nicht relevant. Die Auswirkungen auf die Umwelt, d.h. Vergeudung wertvoller Ressourcen (z. B. 270.000 t höherer Futteraufwand, 33.758 ha Landwirtschaftlicher Nutzfläche oder zusätzlicher Verbrauch von 540.000 cbm Süßwasser (Tabelle 8)) durch den Einsatz weniger effizienter Zweinutzungsgenetiken, ist im Hinblick auf 1 Mrd. hungernder Menschen allerdings ein ernst zu nehmendes moralisches Dilemma.
Bereich | Faktor | Beurteilung |
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Tierschutz | Keine Tötung von 40 Mio ♂ Eintagesküken in GER Vorzeitige Einstellung des Schnabel kupierens bei den ♀ | ++ |
Ökonomie | Kosten „ Best Case Szenario”: + 270 Mio. €/Jahr Kosten „Worst Case Szenario“:: + 380 Mio. €/Jahr Selbstversorgungsgrad Eier: - (7 – 8 %) | -- |
Umwelt | Zusätzlicher Futterbedarf: + 270.060 t Landbedarf: + 33.758 ha LN (bei Ø 8 t/ha) Süßwasserverbrauch: + 540.120 cbm | -- |